...dies ist lediglich ein extrakt der seite http://www.mainpost.de/4827814 (http://www.mainpost.de/archiv-ueberregional/dasthema/Weltuntergang-bei-Wuerzburg-UL-Aussteiger-bringt-Buch-heraus;art1748,4827814, archiv) , mit datenstand vom 24.11.08 - die rechte bleiben bei der mainpost...


HELMSTADT
"Weltuntergang bei Würzburg" - UL-Aussteiger bringt Buch heraus



Michael Hitziger hat ein Buch über seine Zeit beim Universellen Leben geschrieben


Michael Hitziger, Aussteiger beim Universellen Leben, hat in einem Buch seinen Weg in die Gemeinschaft und die 17 Jahre als Christusfreund verarbeitet. Titel: Weltuntergang bei Würzburg FOTO: mainpost, daniel peter



Ein spannendes Buch ist das, das der frühere „Christusfreund“ Michael Hitziger (65) aus Helmstadt (Lkr. Würzburg) geschrieben hat. „Weltuntergang bei Würzburg“ so der Titel „ist die Reise des Autors in seine Vergangenheit beim Universellen Leben (UL), das sich als Glaubensgemeinschaft sieht und das von Kritikern als „Sekte“ bezeichnet wird

„Es hat mich aufgewühlt“, antwortet Hitziger zur Frage nach der Entstehungsgeschichte. Das wird es noch all jene, die es lesen und die wie der Autor überzeugte und engagierte Anhänger von UL-Prophetin Gabriele Wittek waren. Die sich heute missbraucht fühlen wie Hitziger, der sagt: „Unsere Seelen wurden geschändet.“

Spannend ist das 296 Seiten starke Sachbuch schließlich auch für Außenstehende, denn sie begreifen bei der Lektüre schnell, wie das „System UL“ funktioniert: durch Entmündigung, Überwachung, Kontrolle, Säuberungen, wie der Autor mittels zahlreicher Details belegt.



Video: . . . bzw. per Link zum Dowload des Clips: Video vom 23.11.08)
Michael Hitziger aus Helmstadt bei Würzburg hat gelitten bis fast in den Tod: Er war Mitglied der von Kritikern als Sekte bezeichneten Glaubensgemeinschaft Universelles Leben. Jetzt hat er ein Buch darüber geschrieben. In unserem Exklusiv-Interview schildert Hitziger, wie das System UL funktioniert...


Weltuntergang? Der Titel nimmt Bezug auf die düsteren Endzeit-Szenarien, mit der die UL-Prophetin Gabriele Wittek ihre Anhänger traktierte und an sich band. Im übertragenen Sinn ist der Begriff auch Anspielung auf die Welt, die in vielen der „Christusfreunde“ unterging, als sie sich von „Schwester Gabriele“ (Wittek) und von den andern „Geschwistern“ getrennt hatten, die zuvor ihre „neue Familie“ bildeten, das UL.

Für Michael Hitziger jedenfalls waren die Jahre des Schreibens ein langer Abschied von „der Sekte“, der er 17 Jahre angehörte und von der er sich „nur schmerzvoll ablösen konnte“, wie er zum Ende des Buches bekennt. „Es hat mich nicht nur aufgewühlt“, sagt er, „es hat mich innerlich gestärkt“. Die Ruhe, mit der er das sagt, unterstreicht die Aussage. Zum Willen nach Bewältigung der eigenen Vergangenheit kam der Wille, die zu warnen, die für schöne Worte empfänglich sind wie er 1984, als er zur „urchristlichen“ Gemeinschaft stieß.

2001 hatte Hitziger das UL verlassen, 2002 als erster UL-Aussteiger den Mut gehabt, unter seinem Namen und mit seinem Foto den Lesern dieser Zeitung zu berichten, wie „das System UL“ funktioniert: als System der (Selbst-)Ausbeutung und Entmündigung.

Auf den fast 300 Seiten seines Buchs kann Hitziger weit mehr Hintergründe ausbreiten als auf einer Zeitungsseite. Stellvertretend für viele Aussteiger schildert er seinen Weg in die Gemeinschaft, seine anfängliche „himmlische“ Glückseligkeit und sein späteres Leiden im „Friedensreich“ der „Prophetin“. Besonders spannend sind die Passagen über die Zusammenkünfte des Führungsgremiums „Bundgemeinde Neues Jerusalem“ und die Arbeit im „Christusbetrieb“.

Eine Stärke des Buches liegt in der Akribie des Autors, seine Darstellungen mit Quellenangaben zu belegen. Das geschah nicht ohne Grund: 2003 und 2004 unternahmen „Christus-freunde“ mehrere Versuche, ihm mit Hilfe Justitias einen Maulkorb umzuhängen. Hitziger sollte jede Berichterstattung über Vorgänge bei der „Bundgemeinde“ verboten werden, doch die Gerichte hielten die Meinungs- und Autorenfreiheit hoch. Ferner sahen sie keine Gefährdung von Rechten der „Christusfreunde“.

Daraufhin bot das UL Hitziger 150 000 Euro an, der spricht von Schweigegeld, UL-Anwalt Christian Sailer verwahrt sich. „Eine Unverschämtheit. Wir haben ihm ein großzügiges Angebot gemacht, um die öffentlichen Auseinandersetzungen zu beenden.“ Die Vereinbarung, die jedenfalls Hitzigers Stillschweigen vorsah, kam nicht zustande. Hitziger begann zu schreiben.

Gescheitert wäre er dennoch beinahe – an der Fülle der Fakten, die er zusammentrug. Das Ur-Manuskript hatte 1000 Seiten, lesbar war es nur für den absoluten Insider. Der Autor beherzigte Ratschläge und kürzte ein ums andere Mal. Zu guter Letzt fand sich im Schiler-Verlag (Berlin) eine engagierte und geduldige Lektorin, die „so etwas wie ein Wunder vollbrachte“, wie Hitziger lobt, indem sie das Buch klar strukturierte.

An ein Wunder grenzt auch, dass es bis vor wenigen Tagen kein Buch eines Aussteigers über das Universelle Leben gab. Immerhin existiert das UL, früher „Heimholungswerk Jesu Christi“ genannt, seit mehr als 30 Jahren. „Andere nahmen die angebotene Entschädigung an“, weiß Hitziger, „mit der ja immer auch ein Maulkorb-Vertrag verbunden war“. Wieder andere fürchteten das Prozessrisiko. „Dem UL ist es nicht gelungen, die Herzen der Menschen zu erobern“, sagt Hitziger, „aber es ist ihm gelungen, anderen Furcht einzuflößen“.

Bei Hitziger wirkten weder Geld noch Drohkulisse. Wollte er unbedingt mit dem UL-Führungspersonal abrechnen? „Mein Buch ist in erster Linie mal ein Aufklärungsbuch“, entgegnet er. Hitziger räumt aber ein: „Das Buch bringt mir auch Genugtuung.“

Beide Triebfedern befähigen nicht in jedem Fall, eine solchermaßen komplexe Materie aufzuarbeiten. Hitziger verfügt auch über Disziplin und Ausdauer. In seinem Leben vor dem UL war er Bundesbankamtmann bei einer Landeszentralbank. Da lernt man offensichtlich die Liebe zum Detail, zum Arbeiten mit Akribie? Hitziger versteht den Hintergrund der Frage und lacht: „Ich habe einige meiner Beamtenfähigkeiten wiederentdeckt.“

Ist „Weltuntergang bei Würzburg“ das erste und letzte Buch aus seiner Feder zum Thema? Der Autor wiegt sein Haupt. Gerade in jüngster Zeit habe er „waschkörbeweise“ neue Unterlagen bekommen, sagt er und lächelt. „Wenn man mich zwingt . . .“


UL-Anwalt Dr. Christian Sailer, will das Buch „nur durchgeblättert“ haben. Zum Inhalt äußert er sich nicht.


Michael Hitziger: „Weltuntergang bei Würzburg“, Verlag Hans Schiler (Berlin), 1. Auflage 2008, ISBN 978-3-89930-227-1, 296 Seiten, 24,90 Euro.


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Thomas Ziegler
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